Notizen zur Frankfurt-Slubicer Zukunftskonferenz von Sören Bollmann
Slubice, Collegium Polonicum, 4.-6. Juni 2009
Teilnehmer
· Insgesamt 200 Teilnehmer, jeweils etwa die Hälfte von deutscher und polnischer Seite.
· Es ist gelungen, für die Teilnahme sowohl Entscheidungsträger der Politik, Akteure der Verwaltung als auch einflussreiche und engagierte Personen der Bürgerschaft zu gewinnen:
· Politik und Verwaltung, Frankfurt: Oberbürgermeister Martin Patzelt, Bürgermeisterin Katja Wolle, Kämmerer Markus Derling, Wirtschaftsdezernent Peter Edelmann; Mitglieder der SVV, Frankfurt: Dorothea Schiefer, Angelika Schneider, Simone Veres, Wolfgang Neumann, Jörg Gleisenstein, Meinhard Gutowski, Josef Lenden, Dr. Frank Mende.
· Politik und Verwaltung; Slubice: Bürgermeister Ryszard Bodziacki, Bürgermeisterin …, Mitglieder der SVV: Piotr Kiedrowicz, Juliusz Zwirek, Krystyna Kiba, Józef Kiba; Vorsitzende des Rates des Landkreises Slubice: Kazimiera Jakubowska
· Gesellschaft Frankfurt: Universität EUV Finanzdezernent der EUV Eckart Brock und Leiterin des Career Centers Susanne Orth, Geschäftsführer des Investor Centers Ostbrandenburg Dr. Martin Wilke, Zukunftsagentur Brandenburg Dr. Philipp Steinkamp, Euroregion Pro Europa Viadrina Uta Volgmann, Leiterin der Volkshochschule Carola Christen, Leiterin des Caritas Freiwilligenzentrums Susanne Maletzki, Vorsitzender der Frankfurter Sportunion Roland Kant, Geschäftsführer der Stadtverkehrsgesellschaft Michael Ebermann, Geschäftsführer der Urania e.V. Peter Marchand, Leiterin des Demokratischen Frauenbunds Christiane Donath, Geschäftsführerin des Tourismusvereins Petra Janke
· Gesellschaft Slubice: Direktor des Sportzentrums Ryszard Chustecki, Direktor des Kulturzentrums Tomasz Pilarski, Vorstandsmitglied der Betriebsgesellschaft des Großen Basars Jerzy Kirej, Direktor des Collegium Polonicum Dr. Krzysztof Wojciechowski, Geschäftsführer der Städtischen Abwasserbetriebe Tomasz Stupienko, Stellv. Vorsitzender des Vereins der Freunde des Lebuser Lands Jan Rommel
Arbeitsgruppen: (I) Wirtschaftsförderung, Arbeitsmarkt, Erneuerbare Energien, Tourismus und Gesundheit, (II) Stadtentwicklung und –planung und ÖPNV, Umwelt- und Klimaschutz , (III) Berufliche und außerberufliche Bildung und Weiterbildung, (IV) Kultur, Kunst, Schule und Sport, (V) Stadtmarketing und Internationale Zusammenarbeit
Der Konferenzteil
Am ersten Tag wurden die Teilnehmer im „Schnelldurchlauf“ – 5 Eröffnungsreden und 8 Referate in gut zwei Stunden – über den Stand der Dinge der Zusammenarbeit zwischen Frankfurt und Slubice: Arbeitsstrukturen, Ergebnisse, u.a. aus den Bereichen wirtschaftliche Zusammenarbeit und Tourismusmarketing sowie über das aktuelle Projekt des gemeinsamen Stadtmarketings informiert. Ergänzt wurden diese Referate um philosophisch-humoristische Betrachtungen von Dr. Krzysztof Wojciechowski über die Geschichte der Zusammenarbeit, grundsätzlichen Anmerkungen von Dr. Andreas Billert über die Herausforderungen der Zukunft sowie gute Beispiele aus anderen europäischen Grenzregionen von Dr. Hans-Günter Clev, Direktor der MOT, Paris.
Ziel dieses Teils war, dass die Diskussionen nicht bei „Adam und Eva“ anfangen, sondern bei einem gemeinsamen Kenntnisstand dessen, was bereits Realität ist oder demnächst wird.
Teilnehmerreaktionen:
„Als ich das Programm gesehen habe, habe ich gedacht: Acht Referate in 100 Minuten – wie soll das bloß gehen? Und wie sollen wir das bloß aushalten? Aber es ging gut, weil sie Vorträge sehr abwechslungsreich waren und weil sich alle recht gut an die Zeitvorgaben gehalten haben.“
„Es war sehr interessant, aber ich habe Projekte aus dem kulturellen Bereich vermisst.“
„Sehr gut, denn wer wissen will, wo er hin will, muss zunächst genau wissen, wo er steht.“
Der Workshopteil oder: Der kleine Unterschied
Es gab bereits einige Frankfurt-Slubicer oder deutsch-polnische Konferenzen mit Workshopelementen. Aber zum ersten Mal in einem solchen Umfang, gleichzeitig thematisch umfangreich[1] und auf konkrete Ergebnisse ausgerichtet.
Darüber hinaus gab es einige entscheidende Unterschiede, die erheblich zum Erfolg und zur Qualität der Ergebnisse der Konferenz beigetragen haben:
- Wir sind von der Zukunft, also vom Jahr 2020, ausgegangen. Zunächst jeder von seiner eigenen Vision – Frankfurt und Slubice. Dann haben wir kritisch geprüft, was passt zusammen, was wollen wir gemeinsam erreichen oder wo nimmt jeder seine eigene Zukunft getrennt in die Hand? Am Samstag haben wir dann die Vision in den o.g. Fachbereichen konkretisiert und angefangen zu planen. Durch den Blick auf die gemeinsame, wünschenswerte und zugleich realistische Zukunft haben wir uns nicht in den Problemen der Gegenwart verzettelt, sondern den Blick auf das gerichtet, was wir trotz aller Unterschiede unbedingt gemeinsam erreichen wollen.
- Bemühen um Frankfurt-Slubicer Konsens: Wir haben uns bemüht, ehrlich zu einander zu sein: Wo sind wir einander einig? Und wo nicht? Mit dem ersteren haben wir weiter gearbeitet, das zweite haben wir gewürdigt, festgehalten, aber nicht ausdiskutiert. Dadurch ist es gelungen, einen sehr breiten, tragfähigen Konsens aufzubauen und langwierige, vermutlich ergebnislose und dadurch frustrierende Diskussionen zu vermeiden. Wie z.B. „Straßenbahn oder Bus“, Name der Doppelstadt.
- Nachhaltigkeit: Der Gemeinsamen Stadtverordnetenversammlung am 10.7. liegt ein Antrag der Gemeinsamen Kommission für Europäische Integration vor, die beiden Verwaltungen damit zu beauftragen, bis zum Jahresende einen Frankfurt-Slubicer Handlungsplan 2010-2020 zu erarbeiten, der von Januar bis März in den Ausschüssen beraten und im April 2010 von beiden SVV’s beschlossen werden soll. Für diese Arbeit gibt es bereits die Frankfurt-Slubicer Steuerungsgruppe und 5 Arbeitsgruppen. 40 Teilnehmer der Zukunftskonferenz haben bereits ihr Interesse ausgedrückt, sich an dieser Arbeit zu beteiligen.
- Das Prinzip „Entweder-Oder“ wurde an einigen Stellen durch das Prinzip „Sowohl-als auch“ ergänzt. In mehreren Arbeitsgruppen kam heraus, dass die Frankfurter zuerst über das Grundsätzliche, Allgemeine diskutieren wollten, über das gemeinsame Dach, die grundlegenden Ziele etc. Häufig wollten die Slubicer zunächst über ganz konkrete, sichtbare Merkmale der Zukunft reden und darunter dann die TOP TEN festlegen, z.B. gemeinsames Radwegenetz, gemeinsame TV-Station, gemeinsames Jugendparlament, gemeinsame Sport- und Kulturgesellschaft, gemeinsamer ÖPNV etc. Im Ergebnis wurde klar, dass wir beides brauchen und beides gemeinsam erarbeiten müssen. Die Reihenfolge ist zweitrangig.
Woran misst man den Erfolg eines solchen Unterfangens?
1. An der Menge der Teilnehmer? 186 Personen hatten sich im Vorfeld angemeldet. Insgesamt sind 200 gekommen. Für die Workshopteile am Freitag und Samstag kamen dann zwar ca. 20-30% weniger, als sich angemeldet hatten. Aber auch hier haben sich noch 100 (Freitag) bzw. 50 (Samstag) aktiv an der konkreten Ausgestaltung der Zukunftsvision 2020 beteiligt.
2. An der Bewertung der VIP’s? Ihre Bewertungen waren durchgängig sehr positiv bis überschwänglich. Frankfurts OB Patzelt sprach von einem „Quantensprung“ in der Zusammenarbeit zwischen Frankfurt und Slubice. Er gab zu, am Anfang skeptisch gewesen zu sein, ob der Größe und des hohen Anspruchs der Konferenz. Er dankte am Ende ausdrücklich dem Moderator, Mitorganisator und Hauptverantwortlichem der Konferenz, Projektleiter Sören Bollmann, für die Organisation und Umsetzung.
Der Bürgermeister von Slubice, Ryszard Bodziacki, sagte, dass diese Konferenz ihn darin bestätige, dass es richtig sei, nun gemeinsam einen konkreten, verbindlichen Handlungsplan 2010-2020 zu erarbeiten. Und vor allem diesen mit Politik, Verwaltung und Bürgerschaft gemeinsam zu erarbeiten und diesen auf den Ergebnissen der Zukunftskonferenz aufzubauen.
3. An dem breiten Querschnitt der Teilnehmer? Obwohl die Auflistung aller Projekte, Initiativen und Akteure der Zusammenarbeit zwischen Frankfurt und Slubice Stunden in Anspruch nehmen würde, gab es viele Bürger von Frankfurt und Slubice, für die die Konferenz immer noch große Überraschungen bereithielt:
Przemyslaw Karg, Experte für Investitionen und Drittmittelprojekte in der Stadtverwaltung Slubice: „Ich bin sehr überrascht darüber, dass so viele Teilnehmer aus Frankfurt gekommen sind. Sie sind sehr ernsthaft an einer nachhaltigen, partnerschaftlichen und zielgerichteten Zusammenarbeit interessiert.“
Christiane Donath, Demokratischer Frauenbund: „Ich habe hier ein solch vielfältiges und spannendes Bild von Slubice und seinen aktiven Bürgern gewonnen, wie ich es sonst nirgends bekommen hätte. Ich bin sehr beeindruckt.“
4. An den Ergebnissen? Für eine abschließende Zusammenfassung ist es zu früh. Die Auswertung der Konferenz wird Tage und Wochen in Anspruch nehmen. Das ist notwendig, damit die Frankfurt-Slubicer Steuerungsgruppe und die fünf gemeinsamen Arbeitsgruppen damit konstruktiv weiterarbeiten können. Dafür ist es erforderlich, das Gemeinsame aller Ergebnisse herauszukristallisieren, von einer klaren gemeinsamen Diskussion auszugehen und stets ein paar Kernfragen im Blick zu behalten: Wo besteht weitgehende Übereinstimmung, wo (noch) nicht? Was realisieren wir zusammen, was nicht? Was können wir hier zusammen eigenständig realisieren, wofür brauchen wir weitere Partner auf Kreis-, Landes-, National und EU-Ebene?
Was sich bereits festhalten lässt:
- Klares Bekenntnis für die Doppelstadt Frankfurt-Slubice, und zwar nicht als Ersatz für Frankfurter und Slubicer Strukturen und getrennte Ziele, sondern als kluge und absolut notwendige Ergänzung! Weil wir damit uns in ganz von anderen mittelgroßen Städten unterscheiden können! Und weil wir dadurch für Investoren, Touristen, Fördermittelgeber und für uns selbst mehr erreichen und anbieten können!
- Es bestand Einigkeit darüber, dass es notwendig ist, sich zu einem einheitlichen und wirksamen Außenbild durchzuringen und unter den vielen sinnvollen Projekten und Maßnahmen gemeinsame Schwerpunkte zu setzen und die dann konsequent zu realisieren.
- Ein paar der wahrscheinlichsten „Bilder aus der Zukunft“: 1. Zwei- bzw. dreisprachige Doppelstadt im öffentlichen Leben, in der Schule und – zumindest mit ein paar praktischen Grundlagen – auch auf der Straße. 2. Stadt, in der die Jugend bleibt bzw. zurückkehrt, weil es grenzüberschreitend qualifizierte Arbeitsplätze gibt und weil es keine andere Stadt dieser Größe in ganz Europa gibt, in der Europa so lebendig zu spüren ist! 3. Europa-Universität – auch mit einem Schwerpunkt in Solartechnologie und anderen erneuerbaren Energien; 4. Gemeinsamer ÖPNV-Verbund; 4. Gemeinsame SVV, die regelmäßig zu allen Fragen des gemeinsamen Interesses beraten und entscheiden; 5. Gemeinsame, effektive Arbeitsstrukturen, die Politik, Verwaltung und Bürgerschaft miteinander verbinden.