Tagebuchbericht 02.11.2017 Hagen Weinberg
Die Fahrt zeigt uns wieder malerische Herbstbilder von der Landschaft. Ich hänge den Gedanken nach, was und wie lange können wir noch mit unseren Tschernobyl-Projekten in Belarus bewegen. Schon in Alt Lepel, dem Lehmhausdorf, war mir klar, unser weiters Engagement ist erforderlich wird aber durch die Politik unterlaufen. Kernkraft wird auch in Weissrußland wieder hoffähig dargestellt. Die Auswirkungen der Katastrohe von 1986 bagatellisiert.
Im Kreis Stolin und unserem Dorf Otwerschitschi wurde uns wieder bewußt – das dauert noch Jahrhunderte!
An der Schule wurden wir schon erwartet, herzlich von der Direktorin und dem Radiometristen begrüßt. Nach der erforderlichen menschlichen Unterbrechung, wurde uns die Schule und der integrierte Kindergarten gezeigt. Es waren ja Ferien, dennoch erwarteten uns sehr aufgeweckte Kinder im Werkraum. Es war sehr erfreulich, dass die Arbeit des Radiometristen an der Schule offensiev geführt wird. Die Jugendlichen und Kinder wissen in welcher Umgebeung sie leben und verhalten sich dementsprechend. Voller Stolz präsentierten sie ihre Arbeiten. Beeindruckend der selbstentwickelte Traktor (erinnerte mich an unsere Messe der Meister von Morgen) und die Werke aus der Möbeltischlerei. Mir schenkte sie einen Hocker aus ihrem Sortiment. Er erhält einen nutzbringenden Einsatz in unserer Wohnung. Alle Gäste bekommen ein Brett geschenkt – symbolisch ist auf der einen Seite ein Bild vom explodierten AKW Tschernobyl, auf der anderen Seite eine Abbildung der Schule in Otwerschitschi. Das Dorf ist stärker noch als Sokolowka verstrahlt.
Im Gespräch mit den jungen Menschen, welches sehr locker und aufgeschlossen geführt wurde, lernten wir einige Jugendliche näher kennen. Einige haben bereits sehr konkrete Vorstellungen für das weitere Leben.
Einige werden in der heimatlichen Umgebung bleiben und dort arbeiten. Sascha Jachnowitz möchte später gern Physiker werden. Er hat mir schon ein Autogramm gewährt. Mal sehen, vielleicht wird er einmal eine bekannte Persönlichkeit?!
Sein Leher unterstützt ihn in seinem Bestreben, er weiß was er unterstützt. Nikolai, der Radiometrist, zeigte uns dann noch Filme über die Arbeit der AG, die sich mit den Auswirkungen der Tschernobyl-Katastrohe beschäftigt. Es war schon beeindruckend. Die Kinder sind auch in den Gesprächen zu Hause aktiv. Vielleicht nicht bewußt und vordergründig, sie wirken aber mit ihren Erkenntnissen auf das Verhalten in den Familien ein.
Mir wurde dann noch der Messraum für die Lebensmittel gezeigt. Eine Pilzmahlzeit (früh aus dem Wald geholt) wurde in Anwesenheit von Alexej, Iwan und mir gemessen. Die Pilze waren um die 7fache erlaubte Dosis verstrahlt.
Gut, dass die Kinder Flurkarten über die Verstrahlung fertigen und auch bekannt machen. Schlimm, das Kreisgebiet liegt in einer sehr sumpfigen Gegend liegt. In den letzten Jahren gab es mehrere Überschwemmungen und ausgespülte Radionuklide sind in das Grundwasser gespült. Damit ist das wichtigste Lebensmittel konterminiert. Die Schule liegt nur 4 km von der roten Zone entfernt.
Unsere Hilfe mit den Pektinkuren für alle 43 Schulkinder und den 5 Kindergartenkindern ist hier sehr gut angelegt, wird helfen! Hoffentlich schaffen wir das noch einige Jahre.
Nach einem festlichen Essen verabschiedeten wir uns, um noch rechtzeitig in Brest anzukommen.
Wir, Rolf, Barbara, Sonja und ich fahren mit einem guten Gefühl zurück. Wir sind bereit, den Kindern dort unsere Hilfe weiter angedeihen zu lassen. Wieder können wir feststellen, das das unabhängige Institut für Strahlensicherheit für uns ein zuverlässiger Partner ist. Jetzt müssen wir nur wieder die erforderlichen Mittel aufbringen, dem werden wir uns stellen, bin ich mir gewiß.